Die 600 km, die ich am Montag hingefahren bin, muss ich heute zurück. Nur dass heute statt Wind und Wolken Regen und 5 Grad weniger auf dem Programm stehen. Die Vorfreude ist also groß.
Wieviel kann man eigentlich auf einmal anziehen? 3x Funktionsklamotten, Skipulli, Lederkombi, 2x Regenkombi. Bei Michelin würde ich wegen Fettleibigkeit als Maskottchen aussortiert.
Zum Aufbruch ist noch alles ruhig. Kalt aber ruhig. Und trocken.
Also schnell noch Luft in die Reifen (die Rennbereifung hat 2.1 statt der straßentauglichen 2.5 /2.9 bar) und wieder Sprit in den Tank. Den die Runden auf der Rennstrecke hat die Veefer ganz schön durstig gemacht. Und dann schnell los.
Schnell. Bratislava. Im Berufsverkehr wie München. Da ist schnell nicht. Also verbringe ich die erste Stunde noch in der Slowakei.
Dann Wien, der Himmel wird dunkler, die Schnellstraße 1 ist gesperrt. Stau. Wieder.
Und dann geht’s in die Berge. Eigentlich eine Rollercoaster-Autobahn mit ordentlich Höhe und schönen Kurven. Heute mit Nebel, Sprühregen und gefühlten 0°C. Die Entscheidung zur ersten Aufwärmpause steht. Nur die zugehörige Gelegenheit lässt lange Kilometer auf sich warten.
Eine halbe Stunde und 2 Kaffee später fahre ich weiter. Plötzlich ist die Straße trocken. Und so schaffe ich 180 km, bevor die Knochen wieder anfangen zu gefrieren. Am Mondsee ist das Ende der Spaßskala erreicht. Google spricht von “gefühlten 4°C”, da sind Regen und 130 km/h Fahrtwind noch nicht dabei. Mehr Kaffee!
Den Rest bis München nehme ich am Stück und danach direkt ein Vollbad. Ich fühle mich wie Eiswürfel in einem Cocktail. Aber keiner mag mein Badewasser trinken.
Das wichtigste ist aber, Mensch und Maschine sind heil zurück.
Wäre ich noch einmal um den Block gefahren hätte der Speedcamp-Ausflug die 1.400 km voll gemacht.
7:30 Frühstück. Der Weg dorthin ist eisig und windig. Na wenigstens ist es noch trocken.
Dann packen, rauf aufs Bike. Über Nacht hat die Veefer Gesellschaft bekommen. Eine wahrscheinlich genauso alte Duc steht neben ihr. Ob die wohl auch zum Ring fährt? Dann wäre ich wenigstens nicht der einzige Oldtimer.
Dort angekommen wird aus dem Straßenmotorrad erst einmal eine Rennmaschine. Was so ein paar Schrauben und Klebeband für einen Unterschied machen!
9:40 dann der erste Turn für die Gruppe grün (Gruppeneinteilung nach der Farbe hinter den Ohren). Es ist noch trocken! Der Kurs griffig.
Nach der ersten Runde hinter dem Instruktor lassen sich die Kurven bereits so tief fahren, dass bei der VFR abwechselnd links und rechts die Fussrasten aufsetzen. Großartig.
Links und rechts liegen aber auch schon die ersten Moppeds im Kiesbett. Nix schlimmes, trotzdem nicht mein Ziel.
Turn 2
Es beginnt zu tröpfeln. Während wir draußen sind wird es zunehmend nass. Die Slicksfahrer eiern schon gewaltig über die Piste. Aber auch die VFR fängt in den Kurven an zu -äh- driften. Schräglage ist erst einmal nicht mehr so sehr. Dafür umso mehr Gelegenheit an der Linie zu arbeiten (großes Potential).
Turn 3
Mehr Regen. Gefühlt ist der Grip zwar etwas besser als zuvor, trotzdem ist erst einmal noch große Vorsicht angebracht. Die Knieschleifer nutzen sich nicht weiter ab. Wenigstens das.
Komischerweise leert sich der Parkplatz vor der Boxen-Gasse…
Zwischenzeitlich ist auch die alte Duc aufgetaucht. Samt FahrerIN.
Turn 4
Während der Mittagspause wird der Regen stärker. Es ist beeindruckend, wieviel Ring-Personal über die Mittagspause im Ring-Restaurant einläuft. Streckenposten, Erste Hilfe Personal, Instruktoren. Alles nur wegen uns?
Es regnet weiter (sagte ich dass schon?)
Macht nix, Turn 4 ist bereits ohne feste Gruppeneinteilung, zu viele sind schon abgereist. Jetzt steht erstmals Wasser auf dem Kurs. Und der Wind nimmt zu. Der Slovakiaring hat vier Hügel, relativ ausgesetzt. Zur rutschigen Fahrbahn kommen jetzt noch Böen. Langsam wird’s kriminell.
Eigentlich ist jetzt Zeit aufzuhören.
Turn 5
Ha! Von wegen.
Honda hat noch Testbikes frei. Die CBR 650R hat ABS und Tracktionskontrolle. Da ist nass wie trocken.
Die 650 hat “unten rum” (Drehzahl, nicht Schlüpfer) erstaunlich wenig (Bums, nicht … – egal). Dafür fährt sie sich selbst bei diesen Bedingungen leicht wie ein Rollschuh. Es ist viel weniger Arbeit als mit der Veefer, auch die schwierigen Streckenabschnitte gehen ganz leicht vom Gaßgriff. Fast schon gefährlich, so wenig von den Streckenbedingungen zu spüren.
In Runde vier kommt rote Flagge. Einen der Heizer hat’s geschmissen. Quer über die Bahn läuft ein weißer Lackstreifen. Er hat wohl Sterne gesehen, aber ihm geht’s gut.
Zeit aufzuhören. Schließlich ist es auch arschkalt. “Gefühlt 3°C” sagt Google. Time for farewell.
40-st beste Zeit von mehr als hundert. Und mehr Runden als alle. Und vor allem Mann und Maschine wohlauf. Was will mehr.
Turn 6
Findet statt auf dem Slovakiaring in der Therme hinter meinem Hotel statt. Was soll ich sagen: lausige Rundenzeit in der finnischen Sauna, dafür erster beim Alter. Details erspare ich Euch.
Noch ein Frühstück wie jeden Montagmorgen, nur geht’s heute nicht ins Büro sondern in Richtung Ring. Oder auch erst einmal nicht. Die erste dreiviertel Stunde verbringe ich im Münchener Berufsverkehr. Naja, es ist halt Montag.
Endlich auf der Autobahn bekomme ich eine Vorschau auf den Tag: von oben zwar trocken, die Straße aber noch feucht und die Luft kühl. Da wird es wohl die ein oder andere Pause zum Aufwärmen geben…
Als nach 100 km der Tank zum ersten Mal leer ist bin ich ganz froh. Raststätte Hochfelln, noch nicht mal Österreich gibt es den ersten Kaffee. Und eine Zwiebelschicht mehr…
Weiter geht’s, 200 km bis zum wohl verdienten Burger bei der wohlbekannten amerikanischen Kette irgendwo bei St. Pölten. Wieder aufgewärmt schaffe ich es bis zum nächsten Tankstopp in der Nähe von Wien. Einen Verlängerten und Wiener Schmäh über Regenkombis und Fetische…
Jetzt sind’s nur noch knapp 100 km, also runter der Autobahn. Statt Google darf jetzt kurviger.de führen. Der Wind nimmt dramatisch zu, ich fahre bereits auf der geraden Strecke die Reifenränder an, so fühle es sich zumindest an.
Kurz vor der slowakischen Grenze komme ich noch durch einige Weindörfer, deren aufgereite Heurigen-Lokale aussehen wie aus Herr der Ringe.
Kurz nach der Grenze fahre ich über die Straße, die bereits auf der Karte ausgesprochen interessant aussieht:
Das hier Kiter auf der Donau unterwegs sind versteht sich von selbst. Und das wenig später die Straße einer Fähre weichen muss ist irgendwie auch nicht verwunderlich…
Jetzt fängt es an zu regnen. Also nix wir zur Unterkunft. Später muss ich nochmals raus zum Ring, zur Anmeldung.
Besonders viel erfahre ich nicht über das morgige Training. Niemand kann mir sagen was ich am Motorrad vorbereiten muss oder nicht. Aber morgen um 9 Uhr gibt’s eine Einweisung, dann ist hoffentlich alles klar.
Aber eins weiß ich: jetzt bin ich die 83.
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